Meilensteine der Carnuntiner Wissenschafts- und Museumsgeschichte
Ein allgemeines Bewusstsein über die Bedeutung Carnuntums und die damit verbundene Notwendigkeit, Hinterlassenschaften der römischen Siedlungsgeschichte wissenschaftlich zu dokumentieren und zu sichern, entwickelte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwar gab es bereits in der Renaissance vereinzelt Interesse an den Spuren der römischen Vergangenheit, die auch von einzelnen Privatgelehrten erforscht wurde; lange Zeit jedoch ging eine beträchtliche Anzahl wertvoller Fundstücke durch Antikensammler und Schatzsucher einerseits und die Wiederverwertung der Ruinen als Steinbruch andererseits unwiederbringlich verloren. Steine aus Carnuntum wurden beispielsweise auch für den Bau des Wiener Stephansdoms verwendet. Ein kurzer Abriss mit dem angesichts der Datenfülle erforderlichen Mut zur Lücke wirft ein Schlaglicht auf die wichtigsten Eckdaten der Carnuntiner Wissenschafts- und Museumsgeschichte.

1739
Matthias Fuhrmann publiziert die erste als wissenschaftlich zu bezeichnende Publikation zu den Inschriftensteinen Carnuntums in lateinischer und griechischer Sprache
1852
Freiherr von Sacken veröffentlicht eine umfassende Arbeit über Carnuntum
ab 1877
Erste systematische archäologische Grabungen. Freilegung u.a. des Legionslagers (welches anschließend wieder zugeschüttet wurde) und des Amphitheaters der Militärstadt, Fund des heute im Museum Carnuntinum befindlichen großen Mithräums. Ausgrabungen und Restaurierungen beim Heidentor.
1885
Gründung der Gesellschaft der Freunde Carnuntums
Mit der Gründung der Gesellschaft der Freunde Carnuntums erhielt das „Pompeji vor den Toren Wiens“ einen privaten Förderverein zur systematischen wissenschaftlichen Erforschung des Carnuntiner Kulturerbes. Zu ihren Mitgliedern zählten die Crème de la Crème der Gesellschaft aus Kaiserhaus, Adel, Wissenschaft und Wirtschaft: Liechtenstein, Abensperg-Traun, Rothschild oder Sigmund Freud sind nur einige der klingenden Namen in der Vereinsgeschichte. Bis heute ist die Gesellschaft eine tragende Säule der Carnuntiner Forschungsarbeit.
1904
Eröffnung des Museums Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg durch Kaiser Franz Josef I.
1939
Erste Grabungen im Bereich der Forumstherme (sog. Palastruine) und des römischen Stadtviertels in Petronell-Carnuntum
1948
Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Ausgrabungen im römischen Stadtviertel
1977 – 97
Grabungen im Auxiliarkastell
1996
Gründung der Archäologischen Kulturpark Niederösterreich Betriebsges.m.b.H.
2000 – 2013
Intensive archäologische Neuuntersuchung der Zivilstadt. Rekonstruktionen des Haus des Lucius, der villa urbana, der Römischen Therme und der domus quarta
2011
Fund der Gladiatorenschule von Carnuntum
2012 – 2014
Gesamtuntersuchung der antiken Stadtfläche von 10 km2 mit zerstörungsfreien Methoden
2014
Verleihung des ersten Europäischen Kulturerbe-Siegels
2015
Gründung der Familia Gladiatoria Carnuntina
2016
Fund der Quartiere der Statthaltergarde
2016
Verleihung des Österreichischen Museumsgütesiegels
2017
Fund eines eigenen Freizeitbezirks in unmittelbarer Nähe des Amphitheaters der Zivilstadt und der Gladiatorenschule, sowie eines bisher unbekannten dritten Amphitheaters. Diese Entdeckungen konnten durch die Ergebnisse der Gesamtprospektion Carnuntums durch das Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie gewonnen werden.