Wissenschaft

Der Schlüssel zur Antike – Archäologische Forschungen in Carnuntum

Ein Beitrag von Nisa Iduna Kirchengast - Redaktion: Daniel Kunc, Thomas Mauerhofer
Historische Aufnahme von Funden aus dem Mithräum III 1894

Archäologische Forschungen eröffnen Zugänge, um das Wissen über unsere Vergangenheit zu erweitern und zu bewahren. So kann das Verständnis über vergangene Kulturen vertieft und ihre Lebensweisen rekonstruiert werden, sowie ihr Erbe für zukünftige Generationen gesichert werden. 

Die Forschungs- und Ausgrabungsgeschichte von Carnuntum bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Untersuchung dieser einstigen Metropole, sondern spiegelt auch die Entwicklung der Archäologie selbst wider. Sie zeigt, wie sich das Interesse an der antiken Welt im Laufe der Jahrhunderte verändert hat und welche Methoden und Technologien zur Erforschung des römischen Erbes heute angewendet werden. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Funden und den historischen Kontexten ermöglicht es, immer neue Facetten dieser bedeutenden Stätte zu entdecken und das römische Erbe lebendig zu erhalten.

Kupferstich nach Matthäus Merian, alte Karte von Carnuntum mit Heidentor
© Land NÖ

Kolorierter Kupferstich von Petronell und Umgebung nach Matthäus Merian 1656 - © Land NÖ, APC Archiv

Die Anfänge der Carnuntumforschung

Die imposanten Ruinen von Carnuntum, die bereits im Mittelalter bekannt waren, fesselten die Fantasie vieler Gelehrter. Im 16. Jahrhundert widmete sich der Humanist Wolfgang Lazius erstmals einer detaillierten Beschreibung dieser noch sichtbaren Mauerreste. Im 18. Jahrhundert folgten englische Reisende wie Richard Pococke und Jeremias Milles, die nicht nur die Ruinen dokumentierten, sondern auch Funde und Inschriften sammelten. Doch erst im 19. Jahrhundert, als die Ruinen durch enormen Steinraub zunehmend bedroht waren, wuchs das Interesse an einer strukturierten und wissenschaftlich fundierten Erforschung.

Zu Beginn waren es vor allem private Sammler und Idealisten aus dem aufstrebenden Bürgertum, die erste Ausgrabungen in Carnuntum finanzierten. Unter diesen Förderern waren der Bierbrauer Anton Widter und der Grundbesitzer Otto Graf Abensperg-Traun. Trotz der Bemühungen prominenter Wissenschaftler wie Theodor Mommsen und Eduard von Sacken, die versuchten, die Forschung zu institutionalisieren und größere Grabungsprojekte durchzuführen, blieben ihre Bemühungen zunächst ohne nennenswerte Unterstützung.

Historische Aufnahme der Ausgrabungen in der Zivilstadt 1892
© Land NÖ

Archäologische Ausgrabungen in der Zivilstadt von Carnuntum 1892 - © Land NÖ, APC Archiv

Die ersten wissenschaftlichen Grabungen

Mit der Gründung des Vereins Carnuntum (heute Gesellschaft der Freunde Carnuntums) im Jahre 1884 nahm die archäologische Forschung endgültig Gestalt an, so starteten nun systematische Untersuchungen des Fundplatzes die bis heute fortgeführt werden. Unter der Leitung von Alois Hauser, Josef Dell und Carl Tragau begannen die ersten groß angelegten Ausgrabungen im Legionslager und der Zivilstadt. Dank großzügiger Spenden und öffentlicher Subventionen konnte der Verein bedeutende Grabungsprojekte realisieren, die unter anderem das Amphitheater, die Gräberstraße und mehrere Heiligtümer in der Zivilstadt zum Vorschein brachten. Besonders bemerkenswert war die Arbeit im Bereich des Legionslagers und der Lagervorstadt, wo zahlreiche wichtige Funde dokumentiert wurden die heute in der aktuellen Austellung im Museum Carnuntinum bestaunt werden können.

Schwarz-Weiß-Foto der Eröffnung des Ausgrabungsmuseums Carnuntinum mit einer Ansammlung von Personen in festlicher Kleidung.
© RSV

Eröffnung des Museum Carnuntinum 1904 durch Kaiser Franz Joseph I. - © Land NÖ, APC Archiv

Die ersten wissenschaftlichen Fachbeiträge über die Grabungen erschienen in den „Berichten des Vereins Carnuntum“ und machten die archäologischen Entdeckungen einem breiten Publikum zugänglich.  Seit der Gründung des Vereins war auch der Bau eines eigenen Museums zur Sicherung und Präsentation der archäologischen Funde zentrales Projekt. Mit der Errichtung des Museum Carnuntinum wurde dieses Ziel verwirklicht: der von Friedrich Ohmann und August Kirstein entworfene Bau wurde am 27. Mai 1904 feierlich durch Kaiser Franz Joseph I. eröffnet. Doch trotz dieser Erfolge blieben die wissenschaftlichen Bemühungen immer wieder von finanziellen Engpässen und politischen Hürden begleitet. 

Durch das Blätterwerk sieht man auf die eindrucksvolle Fassade und den Haupteingang des Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg
© RSV

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen

Der Erste Weltkrieg stellte einen einschneidenden Wendepunkt in der Geschichte der Carnuntumforschung dar. Die politischen und sozialen Umwälzungen zwangen den Verein, seine Aktivitäten stark einzuschränken. Erst 1923 konnten die Grabungen unter der Leitung von Franz Miltner und Rudolf Egger wieder aufgenommen werden, wobei der Schwerpunkt auf dem Amphitheater der Zivilstadt lag. Doch die darauf folgende Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen brachte 1935 das vorübergehende Ende der archäologischen Arbeiten und versetzte das Projekt in eine tiefe Krise.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 erhielt die Forschung in Carnuntum neue finanzielle Impulse. Unter der Leitung von Erich Swoboda begannen die „Führergrabungen“, deren Ziel es war, das Forum und die Thermen der Zivilstadt, mit dem Hintergrund die kulturelle Bedeutung für Propagandazwecke zu nutzen, zu untersuchen. Doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrach diese Arbeiten. In den folgenden Jahren wurde der Verein Carnuntum aufgrund der politischen Situation aufgelöst und die wissenschaftlichen Bemühungen kamen zum Erliegen.

Grabung im Zivilstadtviertel 1938, schwarz-weiß Foto, Arbeiter gießt einen Weihestein, zweiter Arbeiter steht im Grabungsschnitt
© Land Niederösterreich

Grabung im Zivilstadtviertel 1938 - © Land NÖ, APC Archiv

Die Nachkriegszeit und der Beginn einer neuen Ära

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die archäologische Forschung in Carnuntum schnell wieder aufgenommen. Bereits 1947 setzte Erich Swoboda im Auftrag des Landes Niederösterreich die 1930er-Jahre begonnenen Grabungen in der Zivilstadt fort. In den 1950er Jahren wurden die freigelegten Ruinen restauriert und in ein Freilichtmuseum umgewandelt. Die frühen Grabungen, die von den Mitgliedern des Vereins sowie später von staatlichen Stellen unterstützt wurden, bildeten die Grundlage für das heutige Verständnis der römischen Stadtstruktur und Architektur von Carnuntum. Zwischen 1970 und 2004 führten Bauprojekte zu zahlreichen Untersuchungen etwa durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften, das Österreichische Archäologische Institut, das Bundesdenkmalamt und das Land NÖ – beispielsweise am Pfaffenberg, im Heiligtum des Iuppiter Heliopolitanus oder im Auxiliarkastell.

3D-Visualisierung der archäologischen Ausgrabung in Stophenreuth.
© H. Wraunek, Land NÖ

Die archäologische Forschung in Carnuntum ist eine Geschichte der Entdeckung, Erhaltung und Rekonstruktion eines einzigartigen kulturellen Welterbes: Heute setzen moderne, nicht-invasive Techniken wie geophysikalische Prospektionen und Luftbildarchäologie die Erforschung von Carnuntum fort, wodurch immer neue Einblicke in die verborgenen Strukturen der antiken Stadt gewonnen werden.

Doch wie sehen die aktuellen Forschungen in Carnuntum genau aus? Dies und viel mehr wird in Carnuntum in 3D: Archäologische Forschungen im digitalen Zeitalter gezeigt!

Das Bild zeigt eine Glaskaraffe mit Sommerlimonade, dekoriert mit Zitronenscheiben und Minze. Im Hintergrund ist das römische Stadtviertel zu sehen.
© Maisblau
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